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Universidade Federal de Santa Maria
Voluntas, Santa Maria, v.12, e14, Ed. Especial: Schopenhauer e o pensamento universal, 2021
ISSN 2179-3786
Submissão: 30/08/2021 • Aprovação: 27/09/2021 • Publicação: 28/12/2021
2 DIE EXPLIZITE ANNAHME EINER INTUITIVEN UND UNMITTELBAREN ERKENNTNIS DES DINGS AN SICH
3 DIE MÖGLICHKEIT EINES EINFLUSSES DES ERKENNENS AUF DEN WILLEN AN SICH
5 GENETISCHE ERKLÄRUNG DER APORIEN
6 THEORETISCHE ERKLÄRUNG DER APORIEN
Schopenhauer e o pensamento universal
Wille und Erkenntnis: Synthese, Dualismus oder Aporie? Ein konzeptionelles Grundproblem der Philosophie Schopenhauers[1]
Will and Cognition: Synthesis, Dualism or Aporia? A Fundamental Problem in Schopenhauer’s Philosophy
Alessandro NovembreI
I Grosseto, Italien
ABSTRACT
The relationship between will and cognition represents one of the most fundamental issues in Schopenhauer’s philosophy. The possibility of aesthetic experience, which involves a deliverance of cognition from the service of the will, and even more so the doctrine of the redemption through cognition – the fact that cognition can become a “tranquillizer” of the will and bring will to abolish itself – seems incompatible with Schopenhauer’s voluntaristic metaphysics (i.e., with the principle of the “primacy of the will”). This paper aims to analyse this controversial part of Schopenhauer’s discourse, especially in its implications for the system’s logical consistency, and tries to provide a theoretical and genetic explanation of the question.
Keywords: Genesis of the Schopenhauer’s Philosophy; Metaphysics of will; Aporias of Schopenhauer’s System
1 EINLEITUNG
Das Verhältnis zwischen Willen und Erkenntnis stellt ein grundlegendes Problem in der Philosophie Schopenhauers dar. Die ästhetische Erfahrung, die eine Befreiung der Erkenntnis vom Dienst des Willens voraussetzt, und mehr noch die
Der vorliegende Beitrag konzentriert sich auf den zweiten Punkt, nämlich auf die »Selbstverneinung« oder »Selbstaufhebung«[2] des Willens. Diese bildet den Gegenstand des IV. Buchs von Die Welt als Wille und Vorstellung und stellt sozusagen das große Finale des gesamten Diskurses Schopenhauers dar – aber auch zugleich einen problematischen und überraschenden Zugang zu einem Etwas, das überhaupt kein menschlicher Diskurs vermitteln kann.
In Anbetracht der eigentümlichen Epilogstellung des Themas erweist es sich als notwendig, den Inhalt der ersten drei Bücher von Schopenhauers Hauptwerk vorauszusetzen und direkt in medias res zu gehen.
Ein Heiliger kann voll des absurdesten Aberglaubens seyn, oder er kann umgekehrt ein Philosoph seyn: beides gilt gleich. Sein [des Heiligen] Thun allein beurkundet ihn als Heiligen: denn es geht, in moralischer Hinsicht, nicht aus der abstrakten, sondern aus der intuitiv aufgefaßten, unmittelbaren Erkenntniß der Welt und ihres Wesens hervor, und wird von ihm nur zur Befriedigung seiner Vernunft durch irgend ein Dogma ausgelegt. Es ist daher so wenig nöthig, daß der Heilige ein Philosoph, als daß der Philosoph ein Heiliger sei […]. […] [Weil] die Erkenntniß, aus welcher die Verneinung des Willens hervorgeht, eine intuitive ist und keine abstrakte […]. (W I, § 68, S. 453.)
Die Verneinung des Willens zum Leben gehe aus der intuitiven Erkenntnis des Wesens der Welt hervor. Schopenhauer betont einerseits den anschaulichen und unmittelbaren (nicht-begrifflichen) Charakter dieser Erkenntnis durch die Verben »durchschauen« und »auffassen«, andererseits die Abhängigkeit der Willensverneinung von einer solchen Erkenntnis durch eindeutige Ausdrücke wie »Einfluß« (W I, S. 447-448, § 68) und »hervorgehen« (W I, § 68, S. 453, 470).
Auf der ersten Seite des vierten Buchs von Die Welt als Wille und Vorstellung steht ein sehr prägnantes Zitat aus dem Oupnekhat, welches den Inhalt jenes Buchs anzeigen und vorwegnehmen soll: Tempore quo cognitio simul advenit, amor e medio supersurrexit[3] (»In der Zeit, in der die Erkenntnis kommt, geht die Liebe«, also das Wollen überhaupt, »aus dem Weg«). Erlösung, d.h. metaphysische Erlösung, durch Erkenntnis ist ein Hauptthema der indischen Weisheit. Diese Annahme scheint aber innerhalb des streng kritizistischen Ansatzes, den Schopenhauer beibehalten will, höchst problematisch. Denn Schopenhauer setzt das »innere Wesen der Welt« ausdrücklich mit dem »Ding an sich« gleich (WWV I, S. 37, § 7). Hier stellen sich daher zwei Kapitalfragen: 1) Wie ist die intuitive Erkenntnis des Wesens der Welt (also des Dings an sich) überhaupt möglich, wenn das Ding an sich, eben als »Ding an sich«, schlechthin unerkennbar ist? 2) Wie ist ein »Einfluß« dieser Erkenntnis auf den Willen unter der Voraussetzung möglich, dass »Der Wille […] das Erste und Ursprüngliche, die Erkenntniß bloß hinzugekommen, zur Erscheinung des Willens, als ein Werkzeug derselben, gehörig« (WWV I, S. 345, § 55) ist?
Obwohl diese Fragen in der Schopenhauer-Forschung bereits ausgiebig diskutiert wurden,[4] werde ich versuchen, sie aus einer neuen Perspektive zu behandeln, die meiner Meinung nach eine befriedigende Antwort auf beide Fragen ermöglicht.
2 DIE EXPLIZITE ANNAHME EINER INTUITIVEN UND UNMITTELBAREN ERKENNTNIS DES DINGS AN SICH
Schopenhauer nimmt die Möglichkeit einer »unmittelbare[n] Erkenntniß der Identität des Willens in allen seinen Erscheinungen« an, also die Möglichkeit einer »Erkenntniß des Ganzen, des Wesens der Dinge an sich« (W I, § 68, S. 447-448). Diese intuitive Erkenntnis des Wesens der Welt ist ganz anders als die, die sich aus dem Analogieschluss ergibt – obwohl der Inhalt beider Erkenntnisse derselbe ist (nämlich das Wesen der Welt, der Wille zum Leben).
In den Abschnitten 18-22 des Hauptwerkes hatte Schopenhauer festgestellt, dass der Wille nur in den einzelnen Bewegungen des (eigenen) Leibes erkennbar ist. Der Ausgangspunkt des Analogieschlusses war nämlich die unmittelbare Erkenntnis der Identität des eigenen Leibes mit dem eigenen Willen (W I, § 18, S. 119-123); aus dieser unmittelbaren Erkenntnis bestimmt Schopenhauer – durch das Setzen einer Analogie zwischen Welt und Leib – das »Ding an sich«, vom welchem die ganze Welt die »Erscheinung« sei.
Nun räumt er überraschenderweise die Möglichkeit einer »inneren«, »unmittelbaren« und »intuitiven« Erkenntnis des Dings an sich ein. Die in den Abschnitten 18-22 aufgestellte Einschränkung, der zufolge der Analogieschluss die einzige Möglichkeit darstellt, das Wesen der Dinge an sich zu bestimmen, scheint also eine Ausnahme zuzulassen: die Figur des Heiligen. Im Gegensatz zum Philosophen habe es der Heilige nämlich nicht nötig, den Analogieschluss zu formulieren und zu ziehen, denn er erkennt das Wesen der Dinge (den Willen zum Leben) auf ganz andere Weise, und zwar »intuitiv« und »unmittelbar«. In Bezug auf den Heiligen spricht Schopenhauer eindeutig von »veränderte[r] Erkenntnißweise« (W I, § 70, S. 477, 482) und »Veränderung der Erkenntniß« (W I, § 70, S. 477).
Wenn Schopenhauer von dieser den Heiligen und den Mystikern eigentümlichen intuitiven Erkenntnis des Dings an sich spricht, so muss er ernst genommen werden – nicht zuletzt deshalb, weil er nur dadurch einerseits die Urheberschaft des Analogieschlusses beanspruchen und andererseits behaupten kann, dass die Heiligen und Mystikern aller Zeiten den Willen zum Leben als Ding an sich erkannt haben. Wäre hingegen die Bestimmung des Dings an sich allein durch den Analogieschluss möglich, dann müsste Schopenhauer den Heiligen aller Traditionen die Formulierung desselben Analogieschlusses zuschreiben und auf jene Urheberschaft verzichten.
Dem ist aber nicht so: Der Vorrang, auf den er Anspruch erhebt, betrifft eigentlich die abstrakte (begriffliche) Formalisierung derjenigen intuitiven Erkenntnis, die alle Heiligen und Mystiker bereits erreicht haben.[5] Seine (philosophische) Lehre der Willensverneinung entspringe nämlich nicht der intuitiven Erkenntnis des Dings an sich (denn von dieser kommt eher die Tat dieser Verneinung), sondern von dem Versuch, Heiligkeit und Askese begrifflich zu erklären.
3 DIE MÖGLICHKEIT EINES EINFLUSSES DES ERKENNENS AUF DEN WILLEN AN SICH
In der Möglichkeit einer »gänzlichen Aufhebung des Charakters« »durch die oben angegebene Veränderung der Erkenntnis« bestehe nach Schopenhauer die eigentliche Freiheit des Menschen, die mit dem zusammenfällt, was die Christliche Kirche »Gnadenwirkung« und »Wiedergeburt« nennt (W I, § 70, S. 477). Die unmittelbare Erkenntnis des Wesens an sich der Welt wird hierbei zum »Quietiv alles und jedes Wollens« (W I, § 68, S. 448). Schopenhauer scheint mit einer rhetorischen Frage sogar auszuschließen, dass sich der Wille bei jener Erkenntnis weiterhin bejahen kann: »Wie sollte er nun, bei solcher Erkenntniß der Welt, eben dieses Leben durch stete Willensakte bejahen und eben dadurch sich ihm immer fester verknüpfen, es immer fester an sich drücken?« (W I, § 68, S. 448).
Die Verneinung des Willens, auch wenn sie durch die oben erwähnte Erkenntnis eingetreten ist, ist kein »erworben[es] Eigenthum«, denn sie »muß […] durch steten Kampf immer aufs Neue errungen werden«; daher kommen die heftigen »Seelenkämpfen« aller Heiligen (W I, § 68, S. 462-463). Dieses episodische Wiederauftauchen des Willens zum Leben fällt für Schopenhauer jedoch zusammen mit der »Verlassenheit von der Gnade, d.h. von derjenigen Erkenntnißweise, welche, alle Motive unwirksam machend, als allgemeines Quietiv alles Wollen beschwichtigt« (W I, § 68, S. 463).
Auch demjenigen, der den zweiten Weg (δεύτερος πλοῦς) – nämlich den des persönlich erlebten Schmerzes – gegangen ist, kann es passieren, dass »der Wille zum Leben, und mit ihm der vorige Charakter«, wieder eintritt; dies geschieht nach Schopenhauer aber nur insofern, als jene »Erkenntniß« sich zusammen »mit ihrem Anlaß« (also mit dem Leiden, welches sie veranlasst hat) entfernt (W I, § 68, S. 467).
Es scheint also, dass die Selbstbejahung des Willens nicht mit dieser Erkenntnis koexistieren kann, d.h. dass die Selbstverneinung des Willens unweigerlich aus ihr hervorgeht, so wie jeder bestimmte, individuelle Willensakt, der zum empirischen Charakter gehört, unweigerlich aus seinem entsprechenden Motiv folgt.
Äußerst interessant ist in diesem Bezug, dass Schopenhauer das Verhältnis zwischen der intuitiven Erkenntnis des Wesens der Welt und dem Willen an sich mit der gleichen Terminologie des Motivationsgesetztes beschreibt: Er verwendet nämlich Ausdrücke wie »Einfluß«, »herbeiführen«, »ausgehen von«, »in Folge«, »durch Erkenntniß« und »von außen«[6].
Dieser ganze Zusammenhang macht die logische Konsistenz des Systems besonders problematisch. Die intuitive oder unmittelbare Erkenntnis des Dings an sich widerspricht der behaupteten Unerkennbarkeit des Dings an sich; der Einfluss einer solchen Erkenntnis auf den Willen widerspricht der Grundannahme, dass die Erkenntnis dem Willen wesentlich unterworfen sei. Diese Gegensätze scheinen eigentlich den Charakter von Aporien zu haben.
Es ist noch zu bemerken, dass Schopenhauer die unmittelbare Erkenntnis des Dings an sich, die dem Heiligen eigen ist, und die unmittelbare Erkenntnis der platonischen Idee, die dem Genie eigen ist, durch den gleichen Ausdruck beschreibt: Das Ding an sich werde vom Heiligen »intuitiv aufgefasst« (W I, § 42, S. 250; W I § 68, S. 453).
Im zweiten Buch des Hauptwerkes war lediglich festgestellt worden, dass sich die platonische Idee und das kantische Ding an sich durch eine einzige Bestimmung unterscheiden: Allein die Erstere, im Gegensatz zum Letzteren, sei nämlich Objekt für ein Subjekt (W I, § 32, S. 206). Wenn nun aber auch dieser einzige Unterschied wegfällt – und zwar in dem Maße, in welchem auch das Ding an sich »intuitiv aufgefaßt« werden kann –, dann unterscheiden sie sich nicht mehr. Demzufolge scheint dieser Teil des Diskurses Schopenhauers auch noch die Aufhebung des Unterschieds zwischen platonischer Idee und Ding an sich zu implizieren.
Es soll hier ein kurzer Exkurs gemacht werden. Es ist überhaupt nicht möglich, die Lehre Schopenhauers von derjenigen Terminologie zu unterscheiden, in der sie formuliert ist, und zu behaupten, dass die Aporien doch nicht die Erstere, sondern bloß die Letztere betreffen. Eine solche Unterscheidung ist willkürlich, oder unbegründet, weil die Lehre, als von der gebrauchten Terminologie getrennte, in keiner Weise gegeben ist. Die Versuche (wie raffiniert und ausgeklügelt sie auch
sein mögen[7]), die obigen Aporien durch die Änderung der Terminologie aufzulösen, setzen voraus, dass die Pflicht des Forschers diesbezüglich darin besteht, die Lehre Schopenhauers besser als Schopenhauers selbst (d.h. nicht aporetisch und nicht metaphorisch) zu formulieren. Die Begrifflichkeit oder der Inhalt eines Textes ist jedoch nicht etwas, das sich unabhängig von den gebrauchten Termini herausbilden kann; die beiden Ebenen sind vielmehr voneinander abhängig und untrennbar. Jede Änderung der Letzteren bringt notwendigerweise eine entsprechende Änderung der Ersteren mit sich. Die analytische Betrachtung der von Schopenhauer selbst verwendeten Terminologie ist daher keineswegs eine pedantische oder müßige Beschäftigung, sondern stellt die wirklich grundlegende hermeneutische Aufgabe dar.[8]
5 GENETISCHE ERKLÄRUNG DER APORIEN
Die Lehre der Verneinung des Willens durch die Erkenntnis impliziert drei Annahmen, die im System ausdrücklich geleugnet werden: 1) die intuitive Erkennbarkeit des Dings an sich; 2) die darauffolgende Aufhebung des Unterschieds zwischen Platonischer Idee und Ding an sich, also die Identität beider; 3) in Bezug auf die außergewöhnliche, intuitive Erkenntnis des Dings an sich, die Unterwerfung des Willens an sich unter das Gesetz der Motivation.
Der Punkt ist nun, dass diese drei Annahmen tatsächlich den theoretischen Zusammenhang dargestellt haben, innerhalb dessen Schopenhauer 1814 seine Willensmetaphysik aufgebaut hat. Und das Erstaunliche ist, dass diese Sätze in den Manuskripten bis weit in das Jahr 1817 – d.h., bis weniger als ein Jahr vor der Fertigstellung von Die Welt als Wille und Vorstellung (März 1818) – auffindbar sind.
Dies offenbart eine bedeutende Revision einiger zentraler Züge des Systems, die im letzten Jahr der Verfassung des Hauptwerkes stattfand.
5.1 Die intuitive Erkennbarkeit des Dings an sich und die Identität von platonischer Idee, Ding an sich und Willen zum Leben in den Manuskripten 1814-1817
In den Manuskripten 1814 steht die Genese der Willensmetaphysik zeitlich und theoretisch im Zusammenhang mit der Gleichsetzung von platonischer Idee und Ding an sich. Erst als Folge dieser Gleichsetzung gewinnt der junge Schopenhauer den kantischen Begriff des »Dings an sich« zurück, den er ansonsten für unstatthaft hält. Verstanden als etwas absolut Undenkbares und Unerkennbares sei Kants Ding an sich ein »Gespenst[,] das aus gänzlicher Unfähigkeit deutlich zu denken entspringt« (HN II, S. 363). Unter der Voraussetzung, dass »Sein« »Erkannt-Werden-Können«, oder »Vorgestellt-Werden-Können« bedeutet, stellt der Begriff eines Seins, das nicht erkannt werden kann, eine contradictio in adjecto dar. In der ersten Auflage der Dissertation (1813) schreibt Schopenhauer (an einer in der zweiten Auflage gestrichenen Stelle): »Soviel aber wird offenbar, dass unsre Untersuchung in keinem Ding an sich erstarrt« (G 1813, S. 74).
1813-1814 betrachtet Schopenhauer die platonischen Ideen (»die ewigen Formen der Dinge«) als die wahre und letzte „Wirklichkeit“ aus; »die Dinge in Zeit und Raum« seien dagegen »hinschwindende nichtige Schatten« (HN I, Nr. 210, S. 117). Die Ideen bilden den Gegenstand der Philosophie, die empirischen Dinge hingegen den Gegenstand der Wissenschaft. Diese Überlegungen führen Schopenhauer dazu, Platons Idee mit Kants Ding an sich gleichzusetzen und diesen Begriff, »Ding an sich«, dann wieder aufzunehmen.
In Folge dieser Gleichsetzung schreibt Schopenhauer dem kantischen Ding an sich dieselben Prädikate der platonischen Ideen zu (nach der Art und Weise, wie Schopenhauer Platons Ideenlehre versteht), und zwar: Freiheit von Zeit und Raum; Freiheit von Vielheit und Mannigfaltigkeit; Sein im vollen Sinne (»ὄντως ὄν«, »wahrhaft Seyend«: HN I, Nr. 250, S. 150) gegenüber dem Werden der empirischen Dinge. Die platonische Idee sive Ding an sich mache das »Wesen« der empirischen Objekte, die nichts als ihr »Abbild« sind (HN I, Nr. 436, S. 383-384). Vor allem aber wird das kantische Ding an sich, als mit der platonischen Idee gleichgesetzt, zu etwas intuitiv, also positiv Erkennbarem:
Allein ich dächte wir könnten schon historisch aus dem Mißlingen aller Phil[osophie] als Wissenschaft, d.h. nach dem Saz vom Grunde, versucht, seit 3000 J[ahren], wohl abnehmen daß auf dem Wege sie nicht zu erreichen ist. Wer weiter nichts kann als den Zusammenhang der Vorstellungen auffinden, d.h. Gründe und Folgen verknüpfen, der mag ein großer Gelehrter werden, aber so wenig ein Philosoph, als ein Mahler, oder ein Poet, oder Musiker. Denn diese alle müssen die Dinge an sich, die Platonischen Ideen, erkennen, der Gelehrte bloß die Erscheinung, d.h. eigentlich den Saz vom Grunde, denn die Erscheinung ist durch und durch nichts andres (HN I, Nr. 301, S. 186).
Die ästhetische Betrachtung ist also einerseits das Bewußtseyn meiner selbst als reinen Subjekts des Erkennens, und andrerseits die Erkenntniß des Dings an sich oder der Platonischen Idee: und dieses beides ist unzertrennlich, ist Eins, das der erste Ausdruck subjektiv, der 2 te Objektiv ausspricht. […] Da […] in jeder Erscheinung ein Ding an sich, also eine Idee erscheint; so ist auch jedes Ding schön (HN I, Nr. 400, S. 250).
Die Platonische Idee, das Ding an sich, der Wille (denn dies Alles ist Eins) ist keineswegs der Grund der Erscheinung: denn so wäre sie (die Idee) die Ursach, und als solche eine Kraft, als solche aber erschöpflich […]. Der Wille ist die Idee: soll er erkannt werden, so erscheint er als Leib und daher überhaupt als Körper: d.h. er wird Vorstellung der ersten Klasse und tritt in Zeit, Raum und alle Formen dieser Klasse ein (HN I, Nr. 305, S. 187-188.)
Die endgültige Unterscheidung zwischen Idee und Ding an sich und der entscheidende Abzug des Prädikats der Erkennbarkeit von dem Ding an sich erfolgen erst nach dem Aufbau des Systems. In den Manuskripten 1816 werden das kantische Ding an sich und die platonischen Ideen noch als »Eins und Dasselbe« betrachtet; der Wille als »Ding an sich« wird mit der »Idee des Lebens« ausdrücklich gleichgesetzt:
Hätte man seit Kant den Plato, hätte man jemals Kant selbst verstanden, so würde man wissen inwiefern beide Eins und dasselbe sagen. Aber man stritt und streitet und spottet über die Hauptlehren beider, über Platons Ideen und Kants Ding an sich: daß aber diese beiden Eins und dasselbe sind, ist so unerhört als gewiß (HN I, Nr. 511, 343).
Hier [bei der Rache] ist kein Aufgeben des Willens zum Leben: denn da wäre Resignation: sondern es ist starker Wille zum Leben, der aber nicht mehr an der einzelnen Erscheinung klebt, sondern die ganze Idee umfaßt, das Leben will, aber es frei von so ungeheurem, empörenden Unbild. Daher ist solche Rache erhaben und höchst grandios: sie offenbart die Erkenntniß der Idee des Lebens, des Willens d.i. des Dings an sich, statt der Erscheinung (HN, Nr. 620, 420).
Der Wille zum Leben ist in den Fragmenten dieser Zeit die intuitiv erkennbare platonische Idee der ganzen Welt (HN I, Nr. 577, 392). Die einzelnen Ideen werden im Fragment Nr. 627 (1817) »speciellen Ideen« genannt, gleichsam species der Gesamtidee der Erscheinung (also des Willens zum Leben: HN I, Nr. 627, 424). All dies geschah weniger als zwei Jahre vor der Veröffentlichung von Die Welt als Wille und Vorstellung, deren Verfassen Schopenhauer allerdings bereits im März 1818 abgeschlossen hatte (SW XIV, S. 221-224). Im Fragment Nr. 684 (1817) erwähnt Schopenhauer noch die »Idee des Lebens« (HN I, Nr. 684, S. 478-479).
In Die Welt als Wille und Vorstellung gebraucht Schopenhauer dieselben Ausdrücke in der Pluralform (»Ideen der Welt«, »Ideen des Lebens«[9]); die Verwendung der Singularform (»Idee der Welt«, »Idee des Lebens«) in Bezug auf den Willen, oder das Ding an sich, als platonische Gesamtidee der Erscheinung wird aufgegeben.[10]
5.2 Die Unterwerfung des Willens an sich unter das Gesetz der Motivation: das »Quietiv« des Willens als »Motiv« der Willensverneinung in den Manuskripten 1814-1817
Ich habe oben die identische Terminologie erwähnt, mit welcher Schopenhauer einerseits das Verhältnis zwischen Motiv und empirischem Charakter und andererseits das Verhältnis zwischen intuitiver Erkenntnis des Wesens der Welt und dem Willen an sich beschreibt. 1814 stellt er in der Tat ausdrücklich fest, dass der Wille an sich dem Gesetz der Motivation unterworfen ist; unter dieser Voraussetzung arbeitet er die Lehre von der Erlösung durch die Erkenntnis aus.
Beide Partheien [Atheisten und Theisten] sind nur dadurch auflösbar daß man zeigt wie Wille und Kausalität, Freiheit und Natur Eins sind. Den Weg hiezu wird meine neue Lehre zeigen, daß nämlich der Leib der Objekt gewordne Wille ist: und dennoch der Wille an sich dem Gesetz der Motivation, als Leib aber dem der Kausalität unterworfen ist (HN I, Nr. 232, 135).
Die Erkenntnis, die den Willen zur Selbstverleugnung führt, ist die intuitive Erkenntnis der »Idee des Lebens in der Zeit« (oder, wie sich Schopenhauer auch ausdrückt, der »Idee der Welt«): Die »Heiligkeit […] besteht darin daß man die Idee der Welt anschaut und sie nicht will« (HN I, Nr. 250, S. 151). Diese intuitive Erkenntnis wird von Schopenhauer dem Satz vom Grund absolut entgegensetzt: »Die Erkenntniß nach dem Satz vom Grund ist dem Willen dienend; die Erkenntniß der Idee, wenn sie vollendet ist, hebt ihn auf« (HN I, Nr. 369, S. 231). 1815 schreibt Schopenhauer noch ausdrücklicher:
[…] Der moralische Werth eines Menschen besteht eben erst in der Entscheidung seines Entschlusses, d.h. in der Maxime seines Handelns, nach vorhergegangner Erkenntniß der Welt als Vorstellung […]. Aus der Anschauung der Welt, die jeder hat, geht als Resultat eine Maxime für sein ganzes Handeln hervor, die er nicht abstrakt ausspricht und erkennt, sondern durch sein ganzes Thun ausspricht und an diesem erst selbst erkennt und diese ist sein intelligibler Karakter. Aus den Motiven fließt nicht sie selbst, sondern nur die Art ihrer Aeußerung die unwesentlich ist (HN I, Nr. 377, S. 239).
Der intelligible Charakter, also der Wille an sich des Individuums, ist hier die »Maxime« des Handelns, die aus einer vorherigen »Erkenntnis« oder »Anschauung« der Welt ‚hervorgeht‘. Das heißt, die Erkenntnis geht dem intelligiblen Charakter vor und bedingt ihn.
In späteren Fragmenten leugnet Schopenhauer die Unterwerfung des Willens an sich unter das Gesetz der Motivation[11]; aber in diesem Punkt drückt er sich doch unentschieden und zweideutig aus, denn ohne die Gültigkeit des Motivationsgesetzes vorauszusetzen, kann er nicht mehr erklären, wie die Erkenntnis des Wesens der Welt den Willen zur Selbstverleugnung führen kann. Diese Unentschlossenheit zeigt sich auch dadurch, dass er auch in den Fragmenten nach 1815 die Erkenntnis des Wesens der Welt als Motiv der Wendung des Willens verstehet:
Tugend ist nicht grade positive Schwäche des Willens. Vielmehr ist sie durch Erkenntniß des innern Wesens des Willens in seiner Erscheinung, der Welt, motivirte Wendung, Hemmung, des an sich heftigen Willens (HN I, Nr. 420, 269).
Der Ausdruck »motivirte Wendung«, ist hier sehr bedeutungsvoll. In der Folgenden Anmerkung aus dem Jahre 1816 steht:
Wie das Motiv, das die Erscheinung des Willens offenbart, indem es ein[en] einzelnen Willensakt mit Nothwendigkeit herbeiführt, eine einzelne Vorstellung, eine Erkenntniß gemäß dem Satz vom Grund ist; so ist die Erkenntniß welche der Wendung des Willens vorhergeht, Erkenntniß der Idee, des Ganzen der Welt, d.i. Selbsterkenntniß des Willens (HN I, Nr. 618, 417-418).
Die Erkenntnis der Idee, d. h. des Wesens der Welt verhält sich zur »Wendung« des Willens an sich, wie das empirische Motiv zum entsprechenden einzelnen (empirischen) Akt des Willens.
Der Punkt ist jedoch, dass der Wille an sich dem Gesetz der Motivation doch nicht unterliegen darf. Der Terminus »Quietiv« tritt in den Manuskripten relativ spät auf, und zwar 1817, in dem Fragment Nr. 673.[12] Das, was bisher als »Motiv« des Nicht-Wollens (oder der Selbstverneinung des Willens) beschrieben war, wird ab diesem Fragment doch als »Quietiv« des Wollens bestimmt: die Negation wird damit auf den ersteren Begriff übertragen.
Dennoch bleibt das Verhältnis zwischen der intuitiven Erkenntnis des Wesens der Welt und dem Willen an sich demjenigen ähnlich, welches gemäß dem Motivationsgesetz zwischen Motiv und empirischem Willensakt besteht. In dem Fragment Nr. 675 (1817) stellt Schopenhauer fest, »sobald diese Erkenntniß wirklich eingetreten ist, kann der Wille zum Leben nicht länger sich halten« (HN I, Nr. 675, S. 472). »Kann […] nicht«, das heißt: In Gegenwart dieser Erkenntnis kann
sich der Wille nicht weiter bejahen, er ist also nicht frei, sich nicht zu verneinen – genauso wie der empirische Wille bei gegebenen Motiven nicht frei ist, die darauffolgenden Handlungen zu vermeiden. Nach dem Fragment Nr. 684 (1817) ist die »Anschauung der Idee des Lebens« »das Ethische Motiv, eigentlich Quietiv«:
[…] Die unmittelbare Wirkung ethischer Motive ist ebenfalls an Anschauung gebunden, aber an Anschauung der Idee des Lebens, welche das princ[ipium] indiv[iduationis] aufhebend unsre Identität mit Andern uns offenbart woraus Liebe hervorgeht und ebendadurch auch Alles Leiden der Menschen zu unserm eignen macht, woraus Verneinung des Willens zum Leben hervorgeht. Diese Anschauliche Erkenntniß haben und sie so wie ich rein philosophisch in abstracto aussprechen ist aber zweierlei: letzteres ist sogar noch nie der Fall gewesen: aber irgend eine abstrakte Formel mußte man immer für jene Erkenntniß haben, eine philosophische oder eine mythische, z.B. Kateg[orischer] Imperativ, oder Vollkommenheit oder Wille Gottes, oder irgend eine: erst nachdem das Ethische Motiv, eigentlich Quietiv an so eine Formel gebunden ist kann es jederzeit mit egoistischen Motiven in Konflikt treten, welcher Konflikt für die Vernunft und in abstr[acto] vor sich geht (HN I, Nr. 685, S. 478-479).
Der Ausdruck »das Ethische Motiv« tritt in den veröffentlichten Werken überhaupt nicht auf und würde innerhalb des reifen Systems Schopenhauers ein Oxymoron darstellen.
Durch diesen komplexen Systemhintergrund, den die Manuskripte eindeutig dokumentieren, wird verständlich, warum Schopenhauer in den veröffentlichten Werken die Willensverneinung von der intuitiven Erkenntnis des Wesens der Welt abhängig macht und dabei dieselbe Terminologie des Motivationsgesetzes verwendet.
5.3 Schlüsse
In einer Notiz zum Fragment Nr. 207 (1814) der Manuskripte schreibt Schopenhauer im Jahre 1849:
Diese zu Dresden in den Jahren 1814-1818 geschriebenen Bogen zeigen den Gährungsprozeß meines Denkens, aus dem damals meine ganze Philosophie hervorgieng, sich nach und nach daraus hervorhebend, wie aus dem Morgennebel eine schöne Gegend. — Bemerkenswerth ist dabei, daß schon im J[ahre] 1814 (meinem 27 ten Jahr) alle Dogmen meines Systems, sogar die untergeordneten, sich feststellen. — 1849. (HN I, S. 113.)
Dieser Aussage zufolge war das System in seinen wesentlichen Linien bereits 1814 – also lange vor den im Zeitraum 1817-1818 unternommenen Veränderungen – festgelegt.
Man kann demzufolge eine genetische Erklärung der oben genannten Aporien geben. Die problematischen Implikationen der Lehre der Erlösung durch die Erkenntnis, wie sie im reifen System formuliert ist, fallen mit den theoretischen Koordinaten zusammen, innerhalb derer diese Lehre in den Manuskripten entstanden und erarbeitet worden ist. Schopenhauer hat jene theoretischen Annahmen erst verleugnet, nachdem er auf ihrer Grundlage seine Lehre konzipiert und formuliert hat. Es hat daher den Anschein, als hätte Schopenhauer eine ‚kritizistische‘ Kohärentisierung an einen bereits vorhandenen und festgestellten Inhalt vorgenommen.[13] Wenn dem so ist, so sind jene Aporien als die Spuren dieser letzten Verarbeitung zu betrachten.
6 THEORETISCHE ERKLÄRUNG DER APORIEN
Die Annahme einer unmittelbaren oder intuitiven Erkenntnis des Dings an sich, die einen Einfluss auf den Willen an sich ausüben kann, widerspricht einerseits zwei Grundannahmen des Systems (die Unerkennbarkeit des Dings an sich und das Primat des Wollens gegenüber dem Erkennen), vermeidet aber andererseits einen Widerspruch, der sonst in Bezug auf den voluntaristischen Ansatz des Systems sowieso entstehen würde. Es steht zwar fest, daß für Schopenhauer »Der Wille […] das Erste und Ursprüngliche, die Erkenntniß bloß hinzugekommen, zur Erscheinung des Willens, als ein Werkzeug derselben, gehörig« (WWV, § 55, S. 345) ist. Aber dies gilt ausschließlich für die Erkenntnis nach dem Satz vom Grund (die eben »zur Erscheinung des Willens« gehört), nicht auch für die intuitive Erkenntnis des Dings an sich, die nicht auf den Satz vom Grund zurückführbar ist. Gäbe es hingegen (gemäß den expliziten Grundlagen des Systems) keine andere Erkenntnis als die nach dem Satz vom Grund, dann wäre dieselbe Erkenntnis zugleich dem Willen untergeordnet und den Willen unterordnend – das heißt, der Wille selbst wäre sub eodem der Erkenntnis untergeordnet und nicht untergeordnet.
Schopenhauer behauptet nicht sub eodem eine wechselseitige ‚Unterordnung‘ von Willen und Erkenntnis. Denn sein voluntaristischer Ansatz betrifft das Verhältnis zwischen dem Willen zum Leben und der Erkenntnis nach dem Satz vom Grund; die Verletzung dieses Ansatzes (oder: der ‚intellektualistische‘ Ansatz) betrifft hingegen das Verhältnis zwischen der intuitiven Erkenntnis des Wesens der Welt und des Lebens und dem Willen, insofern er zwischen Bejahung und Verneinung des Lebens entscheidet. Die dem Willen untergeordnete Erkenntnis ist also nicht dieselbe, welcher der Wille unterworfen ist; und umgekehrt: der der Erkenntnis unterworfene Wille ist nicht derselbe, welchem die Erkenntnis untergeordnet ist.
In summa: Innerhalb des Willens zum Leben – d.h. innerhalb der Bejahung des Lebens – ist die (nach dem Satz vom Grund stattfindende) Erkenntnis dem Willen untergeordnet; bei der ursprünglichen Wahl zwischen Bejahung und Verneinung des Lebens ist aber der Wille der (das Wesen des Lebens betreffenden) Erkenntnis unterworfen.
Man kann nun endlich die Schlussfolgerungen aus allem bisher Gesagten ziehen. Schopenhauers Lehre der Erlösung durch die Erkenntnis impliziert bestimmte Annahmen, die, obwohl sie im reifen System nominell geleugnet werden, die Möglichkeitsbedingungen derselben Lehre darstellen und in der Tat das Fundament gebildet haben, auf dem sie ursprünglich konzipiert und formuliert wurde. In Verbindung mit der Leugnung jener Annahmen ist die genannte Lehre notwendigerweise aporetisch; und umgekehrt kann sie, sofern sie behauptet und aufrechterhalten wird, (konsequenterweise) nicht vermeiden, jene Annahmen zu implizieren.
Schopenhauer musste einerseits die genannten Annahmen fallenlassen, weil sie mit dem von ihm angestrebten streng kritizistischen Ansatz unvereinbar sind; andererseits musste er ihre entscheidendsten theoretischen Konsequenzen trotzdem retten, um nicht auch sein gesamtes System in den Zusammenbruch miteinzubeziehen.
Die Werke Schopenhauers werden zitiert aus: DEUSSEN P. (hrsg. von), Arthur Schopenhauers sämtliche Werke, Bde. I-VI, IX-XI, XIII-XVI, München: R. Piper & Co., 1911-1942.
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Authorship contributions
1- Alessandro Novembre:
Grosseto
novembre.alessandro@gmail.com
Contribuition: Writing – original draft
How to quote this article
NOVEMBRE, Alessandro. Wille und Erkenntnis: Synthese, Dualismus oder Aporie? Ein konzeptionelles Grundproblem der Philosophie Schopenhauers. Voluntas Revista Internacional de Filosofia, Santa Maria, v. 12, e14, 2021. DOI 10.5902/2179378667477. Available at: https://doi.org/10.5902/2179378667477. Accessed on: day month abbreviated. year.
[1] Ich bin Dr. Erik Eschmann dafür sehr dankbar, dass er diesen Aufsatz gelesen und mir einige sprachlich glücklichere Formulierungen vorgeschlagen hat.
[2] Vgl. W I, § 68, S. 464; W I, § 62, S. 394; W I 428, S. 468-470, § 65.
[3] Vgl. ANQUETIL-DUPERRON, Oupnekhat II, S. 216; W I, S. 317.
[4] Vgl. MALTER, 1982, S. 41-59; MALTER, 1991, S. 382; DE CIAN; SEGALA, 2002; SPIERLING, 1998; BOOMS, 2003, S. 298ff.; KOSSLER, 2006; SCHUBBE, 2010, S. 150ff., 180ff.; INVERNIZZI, 2011; LEMANSKI, The Denial of the Will-to-Live in Schopenhauer’s World and his Association of Buddhist and Christian Saints. Vgl. LEMANSKI; SCHUBBE, 2018.
[5] Vgl. W I, § 68, S. 452: »Und was ich hier mit schwacher Zunge und nur in allgemeinen Ausdrücken geschildert habe, ist nicht etwan ein selbsterfundenes philosophisches Mährchen und nur von heute: nein, es war das beneidenswerthe Leben gar vieler Heiligen und schöner Seelen unter den Christen, und noch mehr unter den Hindus und Buddhaisten, auch unter anderen Glaubensgenossen. So sehr verschiedene Dogmen auch ihrer Vernunft eingeprägt waren, sprach dennoch sich die innere, unmittelbare, intuitive Erkenntniß, von welcher allein alle Tugend und Heiligkeit ausgehen kann, auf die gleiche und nämliche Weise durch den Lebenswandel aus. Denn auch hier zeigt sich der in unserer ganzen Betrachtung so wichtige und überall durchgreifende, bisher zu wenig beachtete, große Unterschied zwischen der intuitiven und der abstrakten Erkenntniß. Zwischen beiden ist eine weite Kluft, über welche, in Hinsicht auf die Erkenntniß des Wesens der Welt, allein die Philosophie führt«.
[6] Vgl. W I, § 68, S. 456 (»in Folge«); W I, § 69, S 474 (»durch Erkenntniß«); W I, § 68, S. 447 (»Einfluß«); W I, § 68, S. 470 u. § 70, S. 478 (»ausgehen von«); W I, § 70, S. 478 (»von außen«); W I, § 68, S. 469 (»herbeiführen«). Zur Verwendung dieser gleichen Ausdrücke in Bezug auf das Verhältnis zwischen den Motiven und dem empirischen Charakter vgl.: W I § 7, S. 31; W I § 15, S. 88; W I, § 55, S. 347-350.
[7] Sehr beachtenswert sind in dieser Hinsicht die Versuche von MALTER, 1982; MALTER, 1991; KAMATA, 1988; SPIERLING, 1998; SCHUBBE, 2010. Zu diesen Interpretationsvorschlägen vgl. NOVEMBRE, 2018, S. 390-393, 498, 552-555, 571, 578 (Anmerkungen).
[8] Zum problematischen Status der Terminologie Schopenhauers vgl. SHAPSHAY, 2008.
[9] Vgl. W I, § 51, S. 286, § 51; W II, Kap. 7, S. 83; W II, Kap. 34, S. 464.
[10] In W I, 510 verwendet Schopenhauer die Singularform »Idee der Welt« in Bezug auf Kant; d.h. hier ist der Begriff »Idee« im kantischen, nicht im platonischen Sinne gemeint.
[11] Vgl. dazu HN I, Nr. 413, S. 262; Nr. 457, S. 301 (1815).
[12] Vgl. HN I, Nr. 673, S. 468. Die einzigen zwei Okkurrenzen des Terminus »Quietiv« vor 1817 befinden sich in zwei Anmerkungen zu den Fragmenten Nr. 445 (HN I, S. 295) und 497 (HN I, S. 334) aus dem Jahre 1815; sie sind also nicht im Textkörper der Fragmente integriert, was vermuten lässt, dass sie später hinzugesetzt wurden. Dass das Fragment Nr. 673 das erste ist, in dem der Terminus »Quietiv« auftritt, geht aus der Tatsache hervor, dass hier Schopenhauer ihn explizit einleitet und rechtfertigt: »Wenn Alles was sonst den Willen zu Thaten bestimmt ein Motiv ist, so mag jener Eintritt der ächten Gesinnung ein Quietiv heißen« (HN I, S. 468).
[13] Zur ausführlichen Betrachtung dieser Problematik, vgl. NOVEMBRE, 2018, S. 543-555, 562-586.